Das neue Buch von Leonie Swann

Im beschaulichen Duck End kommen auf höchst mysteriöse Weise ältere Damen ums Leben. Welche Verbindung gibt es zwischen den Fällen? Wer erschüttert das Dorfidyll mit perfiden Morden? Die Bestsellerautorin Leonie Swann vertraut in ihrem neuesten Kriminalcoup „Mord in Sunset Hallì auf den Spürsinn eines zwar betagten, aber ansonsten sehr fidelen Rentnertrüppchens.


Leonie Swann, Jahrgang 1975, studierte Philosophie, Psychologie und Literaturwissenschaft in München und Berlin. Ihre ersten zwei Romane „Glenn-
kill“ (2005) und „Garou“ (2010) eroberten auf Anhieb die Bestsellerlisten. „Glennkill“ wurde bislang in 30 Sprachen übersetzt. Die unter Pseudonym schreibende Autorin lebt in England und Berlin. Annika Kindermann traf die Autorin zum Interview:

Frau Swann, in Ihren Kriminalromanen lösen sehr ungewöhnliche Ermittlerteams die Mordfälle. In „Glennkill“ war es eine gewitzte Schafherde, in „Gray“ ein Uni-Dozent mit einem gesprächigen Papagei und in Ihrem neuen Buch macht eine Senioren-WG der Polizei Konkurrenz. Worin besteht der detektivische Charme der Bewohner*innen von „Sunset Hall“?

Ich mag vor allem, wie ungeeignet die ganze Bande auf den ersten Blick für die Detektivarbeit zu sein scheint. Agnes hört nicht gut und ist ausgesprochen schlecht zu Fuß, der Marschall hat ernst zu nehmende Erinnerungslücken, Bernadette ist blind, Winston sitzt im Rollstuhl und Edwina ist zwar körperlich fit, lebt aber geistig in Wolkenkuckucksheim. Nicht gerade das ideale SWAT-Team!

Ihr literarischer Erstling „Glennkill“, eroberte vor 15 Jahren die Bestsellerlisten. Für den Fortsetzungsroman „Garou“ haben Sie sogar ein Schäferpraktikum in Frankreich gemacht. Wie sah die Vorbereitung auf „Mord in Sunset Hall“ aus?

Egal wie viel Recherche ich betreibe, der erste Schritt in meine Romanwelt ist für mich immer eine Art Gedankenspiel. Was wäre, wenn …? In diesem Fall also: Was, wenn ich selbst gebrechlich und schlecht zu Fuß wäre und mich auf einmal mit einem Mord konfrontiert sähe? Wie würde ich die Sache angehen? Welche Möglichkeiten hätte ich? Was wäre mir wichtig? Wovor hätte ich Angst?.

Tiere spielen immer eine wichtige Rolle in Ihren Geschichten. Was macht tierische Protagonisten so reizvoll für Sie?

Tiere sind unser Bindeglied zur Natur, sie stehen uns so nah und sind gleichzeitig so anders, sie sind überraschend, unberechenbar, echt, lustig und emotional – und damit hervorragende Romanhelden.

Duck End ist ein ländliches Idyll, in dem ziemlich haarsträubende Dinge passieren. Ist die Provinz ein perfekter Krimischauplatz?

Im Prinzip lässt sich natürlich überall gut morden, aber gerade für einen eher heiteren, humorvollen Krimi bietet das Landleben einen wundervollen Hintergrund. Hier kennt jeder jeden, kleine Ereignisse ziehen weite Kreise und selbst schauerliche Morde kommen malerisch daher, wenn sie sich vor idyllischer Kulisse abspielen.

Die Charaktere von „Sunset Hall“ sind liebevoll gezeichnet, allen voran die patente Agnes Sharp, die sich trotz ihres Hüftleidens mit vollem Einsatz in die Ermittlungen stürzt. Was war Ihnen bei der Figurengestaltung wichtig?

Ich war sehr darauf bedacht, dass meine Figuren, wiewohl scharf gezeichnet, nicht als Karikaturen enden. Ich wollte das Alt-Sein weder schönreden noch lächerlich machen, und bei allem Humor respektvoll damit umgehen. Und natürlich geht es mir auch immer darum, runde, komplexe Romanhelden zu erfinden: Leute mit vielen Facetten.

Das selbst verwaltete Wohnprojekt „Sunset Hall“ wirkt wie eine Villa Kunterbunt für Senior*innen. Das örtliche Altersheim Lindenhof hingegen verströmt die Aura einer Verwahranstalt. Welche Denkanstöße möchten Sie damit geben?

Jeder von uns wird irgendwann alt sein – wenn er Glück hat. Trotzdem denken die meisten Menschen über diesen Lebensabschnitt nur ungern nach. Ich habe versucht, mich da auf eine Gedankenreise zu begeben und mir ehrlich zu überlegen, was mir im Alter wohl wichtig wäre. Aber man kann sehr einfach beobachten, dass eines der großen Probleme, mit dem viele Leute im Alter zu kämpfen haben, die Einsamkeit ist. Sunset Hall ist ein Gegenentwurf zu dieser Alterseinsamkeit: eine WG, in der sich Senioren gegenseitig unterstützen und gemeinsam den Laden schmeißen.

 Verraten Sie uns, ob Sie schon an neuen Projekten arbeiten?

Allerdings! Es würde mich ganz und gar nicht überraschen, wenn der Leser den Bewohnern von Sunset Hall bald wieder begegnen würde!

Interview: Annika Kindermann